Ohne Wasserstoff ist die Energiewende nicht möglich, erklären Experten aus Technologie, Wirtschaft und Politik. Auch viele Bürger sind laut aktueller Studien der Meinung, dass Wasserstoff in der Mobilität und Wirtschaft der Zukunft eine entscheidende Rolle spielen wird. Der europäische GreenDeal und das Ziel, Treibhausgase verstärkt zu reduzieren, werden vor allem im Verkehrssektor dafür sorgen, dass sich die gesetzlichen Anforderungen an Emissionsgrenzen für Fahrzeuge voraussichtlich weiter verschärfen. Das erhöht den Druck auf Fahrzeughersteller, alternative Antriebe verbreitet einzuführen. Auch der Druck auf die Industrie steigt. Hat Wasserstoff eine Perspektive in industriellen Anwendungen? Und ist er ein Baustein für die Mobilität der Zukunft? Trotz positiver Experteneinschätzungen kursieren einige hartnäckige Mythen zu Energiebilanz und Marktreife von Wasserstoff in den Medien und der Öffentlichkeit. Wasserstoffexperte Tino Krüger, Senior Product Manager bei H-TEC SYSTEMS widerlegt fünf gängige Aussagen.
Mythos 1: Wasserstoff ist gar nicht so umweltfreundlich
Wasserstoff gilt als klimaneutraler und effizienter Energieträger. Bei seiner Verbrennung entsteht lediglich Wasserdampf und es werden keine umweltschädlichen Stoffe freigesetzt. Wenn die Energie zur Wasserstoffproduktion jedoch aus fossilen Brennstoffen kommt, dann gilt dieses Argument nur bedingt. Hier spricht man von „grauem“ Wasserstoff. Grüner Wasserstoff wird durch die Elektrolyse von Wasser hergestellt, wobei hier ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien eingesetzt wird. Die Produktion von „grünem“ Wasserstoff durch PEM-Elektrolyse erfolgt daher komplett CO2-frei. Zudem eignet sich der grüne Wasserstoff als Speichermedium für erneuerbare Energien und kann beispielsweise zum Ausgleich von Schwankungen im Stromnetz genutzt werden, da er sich komfortabel und über einen langen Zeitraum im Erdgasnetz oder in Tanks speichern lässt.
Mythos 2: Wasserstoffproduktion ist zu teuer
Da die Erzeugung von Wasserstoff mittlerweile sehr ausgereift und technologisch beherrschbar ist, kann die Produktion bei entsprechender Nachfrage zügig hochgefahren werden. Bei Technologien und Verfahren sinken die Preise immer deutlich, sobald die Produktionskapazitäten steigen. Die sinkenden Preise für regenerativen Strom verringern die Kosten zur Herstellung von grünem Wasserstoff zusätzlich, da bis zu 75 Prozent der entstehenden Kosten für die PEM-Elektrolyse auf den Strombedarf zurückzuführen sind. Investitions- und Wartungskosten stellen im Optimalfall hingegen lediglich ca. 25 Prozent des Kostenbedarfs dar. Je nach Bedingung können diese Kostenverteilungen schwanken. Sinkt also der Strompreis, so sinken auch die Kosten für den grünen Wasserstoff der PEM-Elektrolyse. Besonders in Hinblick auf die gestiegenen Gaspreise, wird grüner Wasserstoff lukrativer. Nach Berechnungen der Analysten von Bloomberg New Energy Finance (BNEF) ist grüner Wasserstoff in Teilen Europas, dem Mittleren Osten und Afrika schon jetzt günstiger als fossiler Wasserstoff aus Erdgas.
Das Hydrogen Council, ein Verband von über 90 internationalen Unternehmen, erwartet bei vielen Wasserstoff-Anwendungen in den kommenden zehn Jahren eine Halbierung der Kosten. Damit wird die Wettbewerbsfähigkeit für noch mehr Anwendungsgebiete eröffnet.
Mythos 3: Wasserstoffproduktion hat zu hohe Effizienzverluste
Die Faustregel lautet, dass bis zu 25 Prozent der Energie bei der Herstellung von Wasserstoff in Form von Wärme verloren geht. Je nach Verfahren ist dieser Prozentsatz heute bereits geringer. Wenn diese Wärme aufgefangen und in ein Wärmenetz eingespeist wird, kann der „Effizienzverlust“ als Energiequelle für andere Anwendungen nutzbar gemacht werden. Die nachhaltig gewonnene Energie kann ins Fernwärmenetz eingespeist, oder direkt zum Beheizen von Wohn- und Geschäftsräumen genutzt werden. Eine besonders hohe Effizienz bietet beispielsweise der H-TEC SYSTEMS ME450 Elektrolyseur. Mit einer Elektrolyse-Leistung von insgesamt 1 Megawatt erreicht er eine Anlageneffizienz von 75 Prozent, bei Wärmenutzung sogar bis zu 90 Prozent.
Wasserstoffproduktion liefert damit die Basis zur sogenannten Sektorenkopplung. Durch die Vernetzung der drei Sektoren der Energiewirtschaft – Elektrizität, Wärmeversorgung und Mobilität – werden Projekte deutlich nachhaltiger und wirtschaftlicher.
Mythos 4: Wasserstoff eignet sich nicht für Mobilität
Wasserstoff wird häufig als Konkurrenz zu Elektrofahrzeugen mit Batteriespeichern dargestellt. Dabei eignen sich beide Ansätze jeweils für unterschiedliche Anwendungsbereiche. Elektro-PKW mit Batterie werden immer wirtschaftlicher. Je schwerer jedoch das Fahrzeug ist, desto unpraktischer wären die notwendigen tonnenschweren Batterien, die immer noch eine geringe Reichweite und lange Ladezeiten haben. Je größer und schwerer ein Fahrzeug ist und je weiter es fahren muss, desto sinnvoller ist laut Umweltbundesamt der Einsatz von Wasserstoff. Dazu zählt in erster Linie die Schifffahrt aber auch der Antrieb von Flugzeugen oder Zügen.
Nutzfahrzeuge emittieren laut aktueller Studien etwa ein Drittel der Treibhausgase im innerdeutschen Verkehrssektor. Der größere Teil dieser Emissionen geht auf schwere Nutzfahrzeuge von 26 bis 40 Tonnen im Langstreckengüterverkehr zurück. Daher steckt in ihrer Antriebstechnik ein besonders hohes Potenzial, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Flugzeuge, Schiffe, Nutzfahrzeuge, der Straßenschwerlastverkehr, der öffentliche Personennahverkehr oder anderweitige Prozesse in der Logistik, sind Anwendungsfelder, die laut IHK von Wasserstoff profitieren können und für die es bereits erfolgreiche Projekte in der Praxis gibt. Moderne Wasserstoffbusse haben eine Reichweite von 350 km und weisen mit 8 bis 12 kg H2/100 km einen deutlich geringeren Verbrauch als ihre Diesel-Pendants aus. Schwere Nutzfahrzeuge mit Brennstoffzellen-Antrieb können Reichweiten von bis zu 1.000 km erreichen und verbrauchen ca. 8 kg H2/100 km. Im Schienenpersonennahverkehr sind Brennstoffzellen ebenfalls bereits im Einsatz. Pilotprojekte haben hier eine Reichweite von 1.000 km bei einem Verbrauch von 18 bis 28 kg H2/100 km erreicht und gehen jetzt in den Regelbetrieb.
Mythos 5: Wasserstoffanwendungen sind noch Zukunftsmusik
Auf Branchenveranstaltungen, wie beispielsweise der Hannover Messe oder der HUSUM Wind, konnten sich die Besucher bereits seit mehreren Jahren davon überzeugen, dass selbst der neuere grüne Wasserstoff keine Zukunftsvision mehr ist. Projekte aus der Praxis zeigten dabei unter anderem, wie sich durch das Zusammenspiel von Bürgerwind- und Solarparks mit der Erzeugung von grünem Wasserstoff eine erfolgreiche Sektorenkopplung umsetzen lässt. Dabei wird Wasserstoff bereits heute wirtschaftlich für grüne Mobilität, die Wärmeversorgung und die Einspeisung in regionale Energienetzte genutzt. So können bereits heute 10 Prozent und mehr ins Erdgasnetz eingespeist und gespeichert werden.
Eine besondere Rolle spielt der grüne Wasserstoff bei der Dekarbonisierung industrieller Prozesse. Es gibt bereits Praxisbeispiele wie er erfolgreich eingesetzt wird – z. B. beim Heizen von Brennöfen in der Glas-, Zement- oder Stahlproduktion. Allein die Stahlindustrie ist laut IHK für acht Prozent der deutschen CO2-Emissionen verantwortlich. Durch eine Umstellung auf Wasserstoff und Erdgas könnten laut Prognose des Verbandes rund 80 Prozent der Emissionen vermieden werden.
Weitere Optionen für die Nutzung von Wasserstoff als Rohstoff für industrielle Produkte werden bereits erprobt. Mischt man Wasserstoff (H2) und Kohlendioxid (CO2), so entsteht ein hochwertiges Synthesegas. Mit diesem zukunftsweisenden Verfahren, das beispielsweise in Island sehr erfolgreich eingesetzt wird, lassen sich CO2-Emissionen binden. Aus dem Synthesegas lassen sich chemische Bausteine für Chemikalien, Polymere oder synthetische Treibstoffe herstellen. Selbst Ammoniak (NH3), Hauptbestandteil für Mineraldünger, kann mit klimafreundlicher Wasserstofferzeugung produziert werden.
Laut einer Studie des Europäischen Patentamts (EPA) und der Internationalen Energieagentur (IEA) ist Deutschland aktuell bei Wasserstoffpatenten in Europa führend, und liegt weltweit nach Japan auf Platz 2. Zudem erreicht Europa einen Vorsprung bei den Produktionskapazitäten für Elektrolyseure und Deutschland ist mit zwei weltweit führenden Regionalclustern (München und Ruhrgebiet) vertreten.
„Unsere PEM-Elektrolyse-Technologie ist speziell für die Herstellung von grünem Wasserstoff und damit die Sektorenkopplung konzipiert. Somit können wir aus erster Hand die steigende Nachfrage aus Industrie und Kommunen bestätigen“, erklärt Tino Krüger, Senior Product Manager bei H-TEC SYSTEMS. „Wir erweitern kontinuierlich unsere Produktionskapazitäten und werden Ende 2023 eine Gigafactory zur Serienfertigung von PEM-Stacks fertigstellen. Bereits heute sind unsere Elektrolyseure bei Projekten in ganz Europa im Einsatz, die zeigen, wie wirtschaftlich und nachhaltig grüner Wasserstoff eingesetzt werden kann – ob es sich um ein Wasserstoff-Infrastrukturprojekt in Schleswig-Holstein, ein emissionsfreies Microgrid in Schweden oder die Gasnetzeinspeisung für weniger CO₂ Emissionen in Norddeutschland handelt.“
Weitere Informationen zu Technologien und Anwendungen mit grünem Wasserstoff gibt es auch unter https://www.h-tec.com/anwendungen/